Negative. Positive. Wachrüttelnde. Überflüssige. Ungefragte. Verletzende. Motivierende. Schlecht gemeinte. Angst machende. Beleidigende. Gut gemeinte.
Kritisiere ich andere? Werde ich gerne kritisiert? Weder die erste, noch die zweite Frage kann man pauschal mit ja oder nein beantworten. Es kommt ja auch darauf an, WER einen kritisiert, in welchem Ton, mit welcher Absicht dahinter.
Manchmal tauscht man sich mit Menschen über die Themen Abnehmen, Sport, Ernährung aus und kann dabei frei Schnauze sagen, was man denkt, fühlt, meint. Der Gegenüber versteht das Gesagte so, wie man es rüberbringen wollte, ist nicht beleidigt, wenn man die Wahrheit auf den Tisch packt und kommt damit gut zurecht.
Andere möchten gerne, dass man ihnen einfach nur was Nettes sagt. „Neiiiiin, es ist nicht schlimm, dass Du seit Monaten jede Woche von Neuem startest! Pizza + Pommes + Burger + Kuchen + Eis + ständig Schokolade und dazu 0,0 Sport machen Dich nicht dicker und ungesünder, alles bestens, mach weiter so, Selbstliebe ist der Schlüssel zum Erfolg! Akzeptier ruhig, dass Dein Körper jetzt gerade so viel Fast Food braucht.“ Klingt ja auch viel netter als „hey, versuch mal den Hintern hoch zu kriegen, Dich ein bisschen mehr zu bewegen und Dich wenigstens an ein paar Tagen in der Woche vernünftig zu ernähren“.
Ich musste kürzlich die Erfahrung machen, dass es oft gar nicht erwünscht ist, in der Richtung etwas zu sagen, selbst wenn man explizit danach gefragt wurde, bzw. obwohl der ausdrückliche Wunsch nach Austausch auf diesem Gebiet bestand. Ich würde wirklich nie nie nie jemandem ungefragt sagen, er oder sie solle abnehmen oder Sport machen. Jeder soll und darf genau das tun, was er selbst möchte und für richtig hält. Wäre ja sonst noch schöner! Wenn es aber in einem Gespräch genau darum geht, dass mein Gegenüber sich unwohl fühlt, sich fragt, was er/sie verändern, optimieren könnte, kann ich ja schon auch meine ehrliche Meinung sagen. Ohne dabei zu bewerten oder gar zu beurteilen, warum es gerade beim anderen nicht klappt!
Ich selbst setze mich mit diesem Blog hier ganz bewusst der „Gefahr“ aus, kritisiert zu werden. Ich erreiche hier natürlich nicht nur Personen, die das alles total gut finden und sich motiviert fühlen, ebenfalls eine Veränderung einzuleiten, viel Sport zu machen o.ä. Natürlich kam auch schon die Frage auf, warum ich nicht längst viel mehr erreicht habe, wenn ich doch in der Theorie ach so gut weiß, wie es funktioniert. Davon abgesehen, dass diese Theorie mir auch in der Praxis bereits ein Minus von ca. 40 kg gebracht hat, habe ich mir in den letzten Monaten natürlich auch oft selbst die Frage gestellt, warum ich nun nach so vielen Kilos Abnahme ausgerechnet an den letzten 15-20 „scheitere“. Wobei Gewicht halten ja jetzt nicht gerade DIE Definition für Scheitern ist. Ich bin eventuell auch der einzige Mensch auf dieser Welt, der im Laufe eines Trainings für einen Halbmarathon 2 Kg zugenommen, statt 5 abgenommen hat 😉 Mag aber einfach daran liegen, dass ich irgendwann gemerkt habe, dass man mit 1000 Kalorien pro Tag einfach nicht so gut Langdistanzen läuft 😉 Die 2 Kg waren im Übrigen 10 Tage nach dem Halbmarathon dann auch wieder weg, es gibt also tatsächlich Schlimmeres.
Dieser Halbmarathon hat viele viele Reaktionen mit sich gebracht. Nach dem Post auf der Facebookseite von Fit mit Thorge habe ich so so nette und liebe Nachrichten von mir wildfremden Menschen erhalten, die mir fast schon unangenehm waren, weil „im Mittelpunkt stehen“ nun wirklich nicht zu meinen Paradedisziplinen gehört! Auf der anderen Seite hat das aber auch noch mal für hmmm … schlechtes Gewissen?? bei manchen gesorgt! Dabei muss man das doch gar nicht gut finden und gleich selbst einen Halbmarathon laufen oder überhaupt laufen 😉 Es waren Reaktionen dabei, die von der ersten Sekunde an eigentlich nur Rechtfertigungen waren, warum Person xy das nicht machen könne. Habe ich doch auch gar nicht nach gefragt 🙂
Wie oft habe ich in der Vergangenheit von Menschen gehört „wow, Du hast Dich ja ganz schön verändert, ich müsste auch dringend mal…“ oder „oh du machst ja viel Sport, ich müsste auch, aber ICH kann ja nicht, weil….“ Ich denke, jeder muss für sich selbst wissen, was er eventuell an Zeit und Energie in ein sportlicheres Leben investiert. Ich würde mir einfach etwas mehr Akzeptanz für diejenigen wünschen, die eben bereit sind, einiges dafür in Kauf zu nehmen. Warum kann nicht jeder das machen, womit er selbst am Besten klar kommt? Und warum kann man, wenn man doch danach gefragt wird, denn nicht seine ehrliche Meinung sagen, ohne danach als fies, arrogant oder überheblich abgestempelt zu werden?! Oder gar so Sachen wie „ja also ist ja klar, wenn ich so viel Zeit hätte wie Du, könnte ich auch jeden Tag eine Stunde Sport machen“! Ich wusste gar nicht, dass meine Tage mehr als 24 Stunden haben…?! (und ich habe auch gar keine Lust, mich zu rechtfertigen, warum es MIR möglich ist, diese Zeit zu investieren, obwohl auch ich einen Job und dazu noch Kinder habe)
Es ist so ein beknackter Spruch, aber wer Ausreden sucht, findet sie auch! Und ich glaube, gerade dann, wenn man eben nicht „nur“ 2-3 Kg zum Figur optimieren abnehmen möchte (was genauso seine Berechtigung haben sollte wie 20-30 kg!) weiß man zu gut, dass es eben nicht immer nur eine Richtung verläuft. Ich mache hier ja auch gar keinen Hehl daraus, dass die ganze Sache mit dem Sport und der guten Ernährung NATÜRLICH NICHT jeden Tag zu 100 % Spaß macht. Muss sie auch nicht! Aber, ich habe – wie jeder andere auch – jeden Tag ungefähr 100 mal die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen. Möchte ich konsequent sein? Oder lieber nicht? Möchte ich Sport machen, mich anstrengen, in der Hoffnung besser zu werden, oder eben lieber auf dem Gartenstuhl liegen? Möchte ich zum Training fahren, mir da den A*** abschwitzen und ein bisschen leiden, um mir danach 1 Kilo Eis reinzuschrauben? Ja vielleicht manchmal schon 😉 ABER!! Und das ist eventuell das Entscheidende… Solange ich nicht jedes Mal den leichteren Weg gehe oder eben das Eis wähle, wird es trotzdem einen Effekt haben 😉 Ich glaube fast alle wissen in der Theorie, wie es geht. Das praktisch umzusetzen ist schwer. Anstrengend. Erfordert Disziplin. Motivation. Natürlich hat man die nicht immer jeden Tag im gleichen Maße, ich ja auch nicht… Oder was glaubt ihr, warum ich das alles hier mache? Um irgendwann zu schreiben „übrigens, ich wiege wieder über 120 Kilo“?? Ganz sicher nicht… Und es geht auch letztendlich gar nicht darum, wer hier am meisten Disziplin aufbringt, am häufigsten Sport macht oder sonst was… Bei FMT lernen wir immer so schön „jeder so, wie er kann“ (ich persönlich würde das noch ergänzen mit „jeder so, wie er will“) Denn es geht nicht darum, ob Dein Nachbar Halbmarathon laufen will oder nicht…. Jeder braucht wohl seinen eigenen, persönlichen Antrieb und es ist wohl tatsächlich so, wer wirklich will, kann quasi fast alles erreichen. Und ja dazu gehört eben auch ein bisschen Durchhaltevermögen! Disziplin aufrecht erhalten klappt bei MIR am besten durch Mitwisser! In Form meines Mannes, um Unterstützung zuhause zu erfahren. In Form meines Trainers, um Arschtritte zu kriegen, wenn ich sie brauche. In Form von vielen Leuten, die mitbekommen, was ich hier tue…. Ach übrigens… Am 13.10.2019 laufe ich den nächsten Halbmarathon – diesmal in Köln 😉 So viel zum Thema Mitwisser!