Oh Man, das war er schon, der 2. Halbmarathon in diesem Jahr! Und es lief einfach völlig mal anders, als ich mir das vorgestellt habe! Das wird also vermutlich kein reiner „juchu-Bericht“ 😉 Fünf Tage vorher bin ich mit Halsschmerzen des Todes aufgewacht, im Laufe des Tages Kopf zu, Nase zu und abends dann der Gedanke „so kann ich auf keinen Fall starten“. Ich habe also in den Tagen davor die letzten noch geplanten Trainingseinheiten sausen lassen und nur noch einen winzigen Testlauf gemacht und meine Waden vom Physiotherapeuten entknoten lassen. Die Aufregung wuchs mit jedem Tag, den ich mich nicht bewegt habe, mehr. Ich hatte schlichtweg pure Angst, dass das Ding mit dem Halbmarathon laufen beim ersten Mal purer Zufall war. Eigentlich totaler Quatsch. Ich habe viel und gut trainiert, gerade die letzten langen Läufe haben super geklappt, aber wie das Gehirn manchmal einfach verrücktspielen kann…
Sonntag früh war ich dann aber zum Glück total die Ruhe selbst und völlig überzeugt davon, das Ding unter 02:30 h laufen zu können. Ich hatte richtig gute Laune und habe mich unfassbar auf diesen Lauf gefreut. Aufgrund meiner angegebenen Ziel-Zeit war ich im vorletzten Startblock, um mich herum also viiiiele Leute, die scheinbar das gleiche Ziel anstrebten. Als es für uns losging, war es erstmal relativ voll und eng, ließ sich aber dafür noch ganz gut und vor allem gleichmäßig laufen! Im Gegensatz zu Duisburg bin ich nicht einfach drauf losgerannt, sondern habe mich einigermaßen an meine angestrebte Zeit gehalten, um nicht direkt am Anfang alle Körner zu verpulvern. Die ersten 7 Kilometer liefen grandios. Meine Beine waren top fit, ich hatte richtig Bock, mega gute Laune und die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht! An der Strecke war so eine geniale Stimmung, alleine dafür hat es sich gelohnt. Aber dann aus dem Nichts heraus Übelkeit, Kreislaufprobleme, Schüttelfrost, erster deutlicher Einbruch beim geplanten Lauftempo. Ich habe also erstmal Wasser getrunken, mir selbst versucht gut zuzureden, ist ja nicht meine Stärke, aber in der Situation habe ich dann auch gedacht „scheiss drauf, kann ja nicht schaden ;-))“ Es wurde noch mal kurzfristig etwas besser, aber auch nur für so 1,5 Kilometer, aber ab da ging es quasi bergab. Ich habe unfassbar gefroren und unterwegs überlegt, meine Freundin anzurufen, dass sie mir irgendwo meinen Pullover und meine Mütze übergeben soll (und ärgere mich im Nachhinein, dass ich es nicht gemacht habe, vielleicht hätte das noch mal etwas gebessert). Bei KM 12,5 habe ich sie gesehen, das gab noch mal Aufschwung, (angehalten zum Umziehen habe ich aber nicht…) bin weitergelaufen, aber ich konnte vor mir selbst auch nicht mehr verleugnen, dass da ganz gewaltig etwas schief lief.
Ich glaube, bei Kilometer 14 habe ich zum ersten Mal geheult, weil ich einfach nicht mehr die Zeit laufen konnte, die ich wollte. Ich wurde von immer mehr Läufern aus dem letzten Startblock überholt, ich war gefrustet, sauer auf mich selbst, dass ich es nicht einfach so hinnehmen und den Rest des Laufs im Rahmen der Möglichkeiten genießen konnte, wütend auf die Tatsache, dass ich jahrelang nie krank war und dann ausgerechnet jetzt, wo ich so viel Zeit und Training investiert hatte. Auf den letzten 4 Kilometern habe ich noch mal deutlich an Geschwindigkeit verloren, 3 x das Gefühl, nicht mehr weiterlaufen zu können und ein paar Meter gegangen, zuletzt bei KM 20,50. Ca. 200-300 Meter vor dem Ziel hörte ich auf einmal Tanja und Christoph, die mich aus Leibeskräften anfeuerten und anbrüllten (gesehen habe ich sie erst kurz danach ;-)), ich war mega irritiert sie zu sehen, habe mich aber riesig drüber gefreut, so dass ich wenigstens auf den Bildern vom Zieleinlauf lache 😉 Ein paar Meter weiter auch Eva wieder gesehen, die ganz tapfer diese ewig lange Zeit auf mich gewartet hat, und irgendwie die letzten Schritte bis ins Ziel gemacht, Uhr gestoppt und erstmal eine weitere Runde geheult. Ungefähr zum 5. Mal oder so. Natürlich weiß ich, dass es bescheuert ist und dass 21 Kilometer eine super Leistung sind, egal ob 5 Minuten schneller oder langsamer. Vielleicht ärgert es mich doppelt und dreifach, weil meine Beine echt fit waren und ich heute am Tag danach (bisher) nicht mal Muskelkater habe. Vielleicht trifft es mich so, dass ich mein persönliches Ziel nicht erreicht habe, weil ich speziell nach den letzten langen Trainingsläufen total großkotzig davon ausgegangen bin, dass es klappt. Gestern war es ein stark schwankendes Gefühl zwischen „scheiss drauf, ich laufe solche Distanzen nie mehr mit Zeitziel“ und „ich laufe generell keinen Halbmarathon mehr“.
Heute habe ich mich wieder ein bisschen eingekriegt und weiß einfach, dass es gute und schlechte Tage gibt. Gestern war halt irgendwie nicht der Beste. Vielleicht war es die Erkältung, die mir noch in den Knochen steckte, vielleicht ein blöder Zufall. Letztlich ist es wahrscheinlich auch egal. Ein bisschen sacken muss das Ganze noch, es steckt ja einfach viel Arbeit und Training hinter so einem Halbmarathon, die natürlich nicht umsonst war, aber wenn man sich monatelang auf so ein Event freut, ist der Dämpfer erstmal groß. Das Gute daran ist, ich habe mir selbst bewiesen, dass ich das auch ein weiteres Mal schaffen kann, ich hab es zu Ende gebracht, obwohl ich an ungefähr 18.992 Punkten aufgeben wollte. Aber: Hätte ich meine Gesundheit zu irgendeinem Punkt ernsthaft in Gefahr gesehen, hätte ich natürlich auch aufgehört, ich plädiere hier keinesfalls dafür, weiterzumachen, wenn man ernsthafte Probleme bekommt. Das kann und muss aber jeder nur mit seinem eigenen Bauchgefühl vereinbaren! Mein eigenes nervt mich jetzt grade noch ein bisschen, aber das geht auch wieder vorbei. Ich bin gesund angekommen, und es war erst der zweite Halbmarathon. Wenn ich selber will, können da wohl noch viele kommen…